In dem Historikerstreit des Jahres 1986 wurde die Forderung Israels nach einer Singularität der Shoa mit der Behauptung einer Unvergleichbarkeit des Völkermordes der Nationalsozialisten an den Juden mit dem des Völkermordes der Bolschewisten an den Kulaken verbunden. Diese Unvereinbarkeit stützte sich auf die Auffassung, dass dem Kommunismus ein "Humanum" zugute gehalten werden müsse, das sich aus der historischen Gestehungsgeschichte des Sozialismus, der Aufklärung und dem Urchristentum herleite. Schon zwei Jahre nach dem Streit der Historiker hatte sich der Kommunismus und sein ethisches Konzept mit dem Untergang seiner Führungsmacht, der UdSSR als Fehlentwicklung erwiesen. Aber nicht nur aufgrund dieses wissenschaftlich unzulässigen Verbots des Vergleichs historischer Ereignisse muss die Sinnfälligkeit der Singularität als Anspruch auf einen ewigen Schuldvorwurf und die damit verbundene Frage eines Friedens zwischen Juden und Deutschen überprüft werden. Tatsächlich haben sich die Voraussetzungen dafür in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts so grundsätzlich verändert, dass sie einer neuen Bewertung bedürfen. Die Juden haben mit ihrem Staat Israel zu einer eigenen nationalen Identität gefunden, die Deutschen sind dabei, ihr Selbstverständnis in einem friedlichen Patriotismus zu finden. Dieses Essay versucht, diesen Veränderungen gerecht zu werden. Es beschäftigt sich mit der moralischen Schuld der Deutschen, wertet den sich vollziehenden Generationswechsel und untersucht im Hinblick auf einen Frieden zwischen Juden und Deutschen die Bedeutung der wichtigsten historischen Veränderungen unserer Zeit. Dabei zeigt sich, dass gerade, was die Juden und die Deutschen im 19. Jahrhundert voneinander trennte, unter den heute gegebenen Voraussetzungen die Grundlage für einen Frieden zwischen ihnen sein könnte, der im 18. Jahrhundert einmal begann.
About the Author: Der Autor wurde am 26. Dezember 1916 in Berlin als Sohn eines hohen Beamten der Reichsbahn geboren und beabsichtigte, in den Auswärtigen Dienst einzutreten. Als Segelflieger umging er das "Jungvolk" und die "Hitler-Jugend". Da eine Laufbahn im Auswärtigen Amt inzwischen den Eintritt in die NSDAP praktisch zur Voraussetzung machte, entschloss er sich, Offizier zu werden. Im Frankreich-Feldzug nahm er als Jagdflieger teil. 1940 über London abgeschossen, kam er nach Kanada und studierte dort in "correspondence courses" an der Universität Toronto "Political Sciences" und "Economics". 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, wurde er von Eugen Kogon, der 1945 aus dem KZ Buchenwald befreit worden war, als Redakteur in die FRANKFURTER HEFTE aufgenommen. 1947-1950 Vorsitzender des "Bundes Europäischer Jugend". 1950 Herausgeber zusammen mit dem Franzosen Charles Maignier der Zeitschrift "Aussprache". 1952 wurde er von dem Intendanten Ernst Schnabel als stellvertretender Chefredakteur in das Hamburger Haus des NWDR berufen. 1956 erhielt er den ersten in der Bundesrepublik ausgeschriebenen Fernsehpreis für die Dokumentarreihe "Auf der Suche nach Frieden und Sicherheit". 1957 Aufbau des Regionalprogramms "Die Nordschau" des NDR. Zusammen mit Gert von Paczensky Entwicklung des ersten politischen Fernsehmagazins "Panorama". 1960 Chefredakteur. Von 1964 bis 1986 beobachtete er in 82 Fernseh-Dokumentationen unter dem Titel "Auf der Suche nach der Welt von Morgen" die naturwissenschaftlichen Durchbrüche seiner Zeit. Drei "Grimme Preise". 1989 erste umfassende Fernseh-Darstellung der Deutschen Geschichte in einer 19-teiligen Fernsehreihe "Mitten in Europa - Deutsche Geschichte", für die er den "Bayerischen Fernsehpreis" erhielt.