Das 1979 erschienene Buch Sonderkommando: Drei Jahre in den Krematorien und Gaskammern von Auschwitz des ehemaligen Auschwitz-Häftlings und vermeintlichen Sonderkommando-Mitglieds Filip Müller hat bis heute einen großen Einfluss sowohl auf die öffentliche Wahrnehmung von Auschwitz als auch auf Historiker, die die Geschichte dieses Lagers zu erforschen versuchen. Raul Hilberg zum Beispiel, einer der einflussreichsten Holocaust-Forscher, bezeichnete Müller als "eine bemerkenswerte, genaue und zuverlässige Person".
Die erste Hälfte des vorliegenden Buches untersucht Müllers verschiedene Nachkriegsaussagen, beginnend mit einem Aufsatz, den er 1946 schrieb, dann seine Aussage während des Frankfurter Auschwitz-Prozesses 1964, die Interviews, die er Claude Lanzmann für seinen 1985er Film Shoah gab und natürlich sein Buch von 1979, das von einem gewissen Helmut Freitag als Ghostwriter mitverfasst wurde. Die Auswertung dieser Texte zeigt, dass sich Müllers Gedächtnis im Laufe der Jahrzehnte verbessert zu haben scheint, anstatt verblasst zu sein, denn seinen späteren Ausführungen zufolge war er überall dort in Auschwitz zugegen, wo es zu dramatischen Handlungen gekommen sein soll. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass Müller (bzw. Freitag) von anderen Autoren abschrieb, einschließlich historischer Fehler und physikalischem Unsinn. Eine der Hauptquellen dieses Plagiats war ein Buch des nachweislichen Betrügers Miklós Nyiszli, aber er stahl Inhalte auch von den bekannten Falschzeugen Kurt Gerstein und Rudolf Höß.
Der zweite Teil analysiert Berichte von acht weiteren Zeugen, die behaupten, Mitglieder des Auschwitz-Sonderkommandos gewesen zu sein: Dov Paisikovic, Stanislaw Jankowski, Henryk Mandelbaum, Ludwik Nagraba, Joshuah Rosenblum, Aaron Pilo, David Fliamenbaum und Samij Karolinskij. Die ersten drei machten ausführliche Aussagen, die in der Auschwitz-Literatur häufig zitiert werden, während die anderen fünf weniger bekannt sind. Allen ist gemeinsam, dass sie einem Drehbuch folgen, das nach dem Krieg von sowjetischen Propagandaeinheiten entwickelt wurde, die Auschwitz nach dem deutschen Rückzug besetzten. Große Teile davon werden heute allgemein als falsch oder zumindest übertrieben angesehen. Wie kommt es also, dass diese Zeugen dieselben politischen Lügen erzählen, während sie in vielen konkreten Einzelheiten voneinander abweichen? Wenn ihre Geschichten auf wahren Ereignissen oder Bedingungen beruhen, die sie alle an denselben Orten und zu denselben Zeiten erlebt haben, hätten sie sich dahingehend einig sein sollen. Die Antworten finden Sie in dieser aufschlussreichen Studie!