Die Bemühungen von Psychologen, Ehe- und Lebensberatern, eine Ehe zu erhalten, stoßen dann auf ihre Grenzen, wenn sich Eheleute trennen oder gar scheiden las-sen. Im allgemeinen ist dann einer der Ehepartner nicht mehr zur Beratung oder Therapie bereit und lehnt grundsätzlich eine weitere Zusammenarbeit mit der Ehe-oder Lebensberatungsstelle ab. Dieses Problem tritt im Zusammenhang mit der Partnerschaftsberatung sehr häufig auf. Im ersten Teil dieses Kapitels werden deshalb die Probleme genannt, die vor, während und nach einer Scheidung auftreten. Im zweiten Teil wird dann ein detaillierter Überblick über das ganze Buch gegeben.Die bisher in diesem Fall übliche Praxis der Einzelberatung oder Einzeltherapie, die zur Lösung des Problems führen soll, hat jedoch wesentliche Nachteile. So werden Hauptproblembereiche der Klienten nicht berücksichtigt. Sie liegen vor allem bei älteren Geschiedenen in der Angst vor dem Alleinsein und in den Vorbehalten gegenüber neuen Bindungen (Hunt & Hunt 1979). Diese können, selbst bei besten Voraussetzungen, vom Therapeuten nicht aus dem Weg geräumt werden. In Gruppen hingegen kann durch praktisches Training und Lernen neues Verhalten aufgebaut und im bestehenden Freiraum der Gruppe geübt werden.Oft glauben Paare, die in ihrer Ehe sehr große Schwierigkeiten haben, dass diese durch eine endgültige Trennung oder Scheidung aus der Welt geschafft würden. Eine solche Euphorie ist jedoch nur von kurzer Dauer. Durch diesen Schritt werden für sie neue und vorher nicht absehbare Schwierigkeiten aufgeworfen. Mit diesen müssen sie sich im Verlauf des Scheidungsgeschehens auseinandersetzen. Viele Probleme treten nur bei speziellen Familienkonstellationen auf, zum Beispiel wenn Kinder vorhanden sind. Andere sind persönlichkeitsbedingt und können deshalb nicht verallgemeinert werden. Dabei ist auch der Ausprägungsgrad der Probleme unterschiedlich und durch interne und externe Faktoren bedingt. Einige Problembereiche tauchen jedoch nach jeder Scheidung oder Trennung auf, sie sollen hier kurz aufgeführt werden.Da ist zuerst das Problem der Emotionen. Diese sind oft noch eine Zeitlang auf den Expartner fixiert, egal ob man verlassen wurde oder selbst den anderen verlassen hat.° Weitere Probleme treten im Umgang und in der Konfrontation mit Gerichten, Rechtsanwälten und Ämtern auf. Diese müssen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Finanzen, Vermögensausgleich, Sorge-recht für die Kinder, Haushaltsauflösung usw. gesehen werden.° Durch lange Jahre der Arbeitsteilung in der Partnerschaft treten nach der Scheidung unter Umständen Probleme praktischer Art auf, man muss saubermachen, kochen waschen, auf die Kinder aufpassen usw. Diese können unter dem Aspekt der Notwendigkeiten für eine autonome Lebensführung gesehen werden.° Häufig werden Getrenntlebenden 'und Geschiedenen Vorurteile entgegengebracht, unter denen Frauen in der Regel stärker zu leiden zu leiden haben als Männer.° Das Aufrechterhalten der psychischen Stabilität ist für die Betroffenen in der Krisensituation Scheidung ebenfalls ein sehr großes Problem. Dabei müssen die Geschiedenen mit affektiven Belastungen wie fehlende Identität (besonders häufig bei Frauen), Minderwertigkeitsgefühle gegenüber glücklich verheirateten, Misstrauen gegenüber einer neuen festen Bindung, Schuld, gestörte Sexualität usw. umgehen und sie verarbeiten lernen. Oft treten noch zusätzliche Probleme z.B. mit Umzug, Arbeitsplatzwechsel und psychosomatischen Erkrankungen während und nach einer Scheidung auf.° Viele Geschiedene passen ihr Verhalten den Erwartungen der sozialen Umgebung nicht an. Es entsteht so eine Außenseiterposition, die zur Isolation führen kann