Excerpt from Richard Strauss und Sein Werk, Vol. 2: Der Vokalkomponist der Dramatiker

Uas Liedemerk, das uns Richard Strau� bisher beschert hat und in dem alles Neue seiner Tonsprache, aber auch alles Feurige, Schwungvolle, Kindliche und zugleich Blitzgescheite, alles Ekstatische, Geistreich Witzige, Kultivierte und Empfindsame und manchmal freilich auch das unbek�mmert "rei�erische und im schlechten Sinn Sentimentale seines h�chst vielf�ltigen und h�chst einheitlichen Wesens wie durch ein Prisma zerlegt erscheint, hat zu all seinen k�nstlerischen Werten und zu allem Bestrickenden und Befremdenden, das es rein musikalisch betrachtet auf weisen mag, eine Besonderheit: es gew�hrt mehr Einblick in die Werk statt des Meisters als in seine Seele. Wenn Lyrik sonst fast immer Be kenntnis ist, gestaltetes Tagebuchblatt, subjektivste �u�erung ihres Sch�p f ers und seine menschlichste Angelegenheit bei Strau� ist sie das gar nicht, ist objektiver als seine Symphonik und Dramatik, hat manchmal etwas beinahe Kunstgewerbliches in der subtilen Stilisierung ihrer Stofflich keiten und verr�t selbst jenen, die mit den Lebensvorg�ngen der Zeit vertraut sind, in der sie entstanden ist, nur selten etwas von den seeli schen Zusammenh�ngen zwischen den Anl�ssen und ihrem musikgewor denen Niederschlag. Nicht einmal die Wahl der Dichtungen gestattet h�ufig solch einen Ruckschlu�. Man hat es noch zu Lebzeiten von Johan nes Brahms versucht, alle Gedichte, die er komponiert hat, in einem Band zu sammeln, der auch wirklich aufschlu�reich f�r den Psychologen war und der nicht nur den besonderen Geschmack kennzeichnete, der sich in der Auswahl dieser Lyrik in all seiner Neigung f�r romantische Versen nenheit, altv�terische K�nstlichkeit, herzlich volksm��ige Einfalt und leise, verhaltene Gef�hle kundgab, sondern aus dem das schmerzlich Verein samte, kurios Schrullige, herb Verschlossene und schwerf�llig Unfrohe des stacheligen, in wunder G�te schamhaften Meisters f�r jeden empfind licher Nachf�hlenden deutlich wurde. Eine Zusammenstellung der Strau�. d104e, so vielsagend sie f�r manches Menschliche und K�nstlerische seiner Erscheinung w�re, b�te doch kein so komplettes Selbstportr�t. Sie w�re zun�chst ein Zeugnis f�r sein Verh�ltnis zur Literatur, zumal zur modernen, �ber das ja schon im ersten Teil dieses Buches gesprochen werden ist; w�re eines f�r die K�hnheit im Anpacken von Dichtungen, die der vorhergehenden Generation sicherlich als unkomponierbar erschie nen w�ren, denen er aber nicht nur ihre innere Musik abgefordert und die er nicht nur mit seiner eigenen F�lle beschenkt und durch sie erh�hthat, sondern die ihm Probleme neuer Liedgestaltung bedeuteten und durch deren L�sung er neue Erkenntnisse f�r sich und neue, h�chst intime und wieder geradezu lyrisch-symphonische Ausdrucksm�glichkeiten innerhalb der engen Formen der Gesangsmusik gefunden hat.

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