Excerpt from Landeskunde von Russisch Turkestan

Es ist nun gewi, da an die landeskundliche Darstellung eines Gebietes, das erst seit kurzem in das Bereich wissenschaftlicher Einzelforschung ein bezogen ist, nicht dieselben Anforderungen gestellt werden konnen wie an die eines alten europaischen Kulturlandes. Allerdings werden diese Lucken unserer Kenntnisse zum Teil dadurch aufgewogen, da auf groen Flachen die Ver haltnisse ziemlich gleichartig sind und die in Teilgebieten gewonnenen Er gebnisse mit groerer Wahrscheinlichkeit uber weitere Raume ausgedehnt werden durfen. Eine Schwierigkeit anderer Art besteht darin, da dem euro paischen Beobachter hier nicht nur ein in seinen physischen Beziehungen durch aus anders geartetes Land entgegentritt, sondern auch eine Bevolkerung, deren Wesen ihm immer bis zu einem gewissen Grade unverstandlich bleiben wird. So ist denn die Darstellung der Wechselbeziehungen zwischen Land und Volk vorwiegend auf jene Urteile angewiesen, die aus einer eingehenden Einfuhlung in das Wesen dieses Landes und seiner Bewohner geschopft sind, und es bleibt dem Takt des Darstellers uberlassen, aus der Fulle des von den verschiedenen Beobachtem beigebrschten Materials das geographisch Wertvolle auszulesen un;_i, von der eigenen Anschauung unterstutzt, zu einem Gesamtbild zusammen zu ugen. Der gegenwartige Zustand der wissenschaftlichen Erschlieung von Russisch Turkestan erklart es auch, da der allgemeine Teil ungefahr ebenso ausfuhr lich geworden ist wie der spezielle. Denn es erwies sich als notwendig, zu einer Reihe von noch offenen Fragen, wenn auch kurz, Stellung zu nehmen, selbst auf die Gefahr hin, damit den Rahmen einer landerkundlichen Dar stellung zu uberschreiten. Hingegen konnte mit Rucksicht auf die gegenwartige Zeitlage die Behandlung einer Reihe von noch vor kurzem viel erorterten wirtschaftsgeographischen Fragen in groerer Kurze geschehen. Fast voll kommen abgesehen wurde von der Besprechung der folkloristischen und vieler ethnographischen Verhaltnisse, uber die die reichlich vorhandene Reiseliteratur erschopfend Auskunft gibt. Die benutzte Literatur ist im Literatuwerzeiohnis genannt, ohne da auch die gesamte populare Literatur berucksichtigt werden ware, wie uberhaupt das Verzeichnis auf Vollstandigkeit keinen Anspruch macht; die Namen von Verfassern sind im Text nur dort angefuhrt, wo ihnen wichtige Ergebnisse zu danken sind. Die Abfassung des Manuskripts hat sich durch die widrigen Zeitlaufte erheblich verzogert und geschah grotenteils im Laufe der Jahre igls und 1919. Fur die Ausstattung des Buches mit Abbildungen und Kartenskizzen sage ich dem Verlag geziemenden Dank, auch dafur, da er den Mut gehabt hat, in dieser Zeit die Herausgabe zu unternehmen. Die Kartenskizzen sind zum groeren Teile von mir entworfen, zum andern dem groen Atlas zu "asiatsskaja Rossija entnommen, die Zeichnungen stammen durchaus von mir. Fur die gutige Uberlassung zahlreicher Photographien bin ich den Herren Professor O. Olufsen, G. V. Almdsy, W. Rickmers und Dr. A. Schultz zu aufrichtigem Dank verpflichtet, ferner Herrn Professor Dr. G. Prinz fur zahlreiche wertvolle Mitteilungen. Meinem lieben Bruder Karl, der in opferwilligster Weise mir die Mittel zur Durchfuhrung beider Reisen zur Verfugung stellte, widme ich dieses Buch als Zeichen inniger Zuneigung und Dankbarkeit. Prag, im September 1919.

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