Warum wir Gesellschaft so sehr brauchen
Ist Einsamkeit vielleicht ein viel ernsteres Problem, als wir bisher dachten? John T. Cacioppos bahnbrechende Forschungsarbeiten zu diesem Thema bilden den Ausgangspunkt für dieses Buch, das nicht nur darstellt, welche überraschenden Auswirkungen jene allzu menschlich erscheinende Erfahrung hat, sondern dem Leser auch eine ganz neue Vorstellung davon vermittelt, welche Bedeutung soziale Einbindung für uns Menschen hat und wie sie uns vor schmerzlicher Isolation schützen kann. Cacioppo greift bei seinen Untersuchungen auf bildgebende Verfahren ebenso zurück wie auf die Analyse von Blutdruck, Immunreaktionen, Stresshormonspiegeln, Verhaltensweisen und genetischen Faktoren. Seine Befunde zeigen, wie intensiv Menschen miteinander in Verbindung stehen und wie abhängig sie physiologisch wie psychologisch voneinander sind - Erkenntnisse, für die uns aufgrund unserer kulturellen Vorgaben der Blick lange verstellt war.
Cacioppo vermittelt seine Botschaft mit Nachdruck: Anhaltende Einsamkeit kann ebenso schädlich für unsere Gesundheit sein wie Rauchen oder Übergewicht. Doch belegen seine Arbeiten auch die therapeutische Kraft der sozialen Einbindung und verdeutlichen, wie jeder deren heilende Wirkung auf sich selbst anwenden kann.
Gemeinsam mit dem Wissenschaftsautor William Patrick spürt Cacioppo im vorliegenden Buch der Evolution dieser gegensätzlichen Kräfte nach und zeigt, dass das Überleben unserer frühen Vorfahren nicht von größerer Muskelkraft, sondern von einem stärkeren Zusammenhalt untereinander abhing. Der Schmerz der Einsamkeit soll - so seine Ursprungsfunktion - uns dazu bringen, an beeinträchtigten Beziehungen zu arbeiten. Daraus entwickelte sich eine machtvolle, ja geradezu zerstörerische Furcht - so stark, dass ein anhaltendes Gefühl des Zurückgewiesenwerdens noch heute, Jahrmillionen später, die DNA-Transkription in den Zellen unseres Immunsystems beeinträchtigen kann. Unser Denken, unsere Willenskraft und unser Durchhaltevermögen leiden darunter ebenso wie unsere Fähigkeit, soziale Signale zu deuten und unsere sozialen Fertigkeiten anzuwenden. Ein solches Gefühl schränkt zudem unsere Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation ein. All das kann letztlich zu abwehrenden Verhaltensweisen führen, die wiederum die von uns gefürchtete Isolation und Ablehnung noch verstärken.
Einsamkeit zeigt, wie wir diesem Teufelskreis entrinnen können, um gesünder und glücklicher zu werden. Auch die Gesellschaft kann davon profitieren, denn größeres soziales Vertrauen bewirkt sozialen Zusammenhalt und Wohlstand.
Nicht zuletzt führt uns Einsamkeit auch vor Augen, wie irrational stark unsere Kultur auf Wettbewerb und Individualismus fokussiert ist; Familie und Gemeinschaft werden dabei oft vernachlässigt. Das Buch lehrt uns, dass es selbst bei Themen wie Gesundheit und Wohlbefinden des Individuums keineswegs ausreicht, nur die Einzelperson zu betrachten.