Excerpt from Die Fackel, Vol. 2: Juli 1900

Anfang Juni erwachte die sogenannte Theater landescomrhission aus ihrem Schlafe, der nicht einen, sondern recht viele Winter gedauert hatte. Die �ltesten Theaterbesucher erinnerten sich ihrer Existenz nur aus jenen Tagen, da sie nach den Br�nden des Ring und Stadttheaters zur nachtr�glichen Beruhigung des Publicums in fl�chtigen Sitzungen zusammengetreten war. Ein Theater nach dem andern brannte ab, aber wir hatten die Genugthuung, dass nicht nur alles gerettet, sondern auch die Theaterlandescommission uns unversehrt erhalten war. Seit Jahrzehnten besch�ftigt sie sich damit, f�r die noch nicht von einer Katastrophe ereilten Theater Wiens bauliche' Adaptierungen zu verlangen. Und in diesem oft ge�u�erten, nie gestillten Verlangen ward sie fast sentimental. Nie hat sie sich sie ist ja eine �ster reichische Beh�rde bis zu jener seelischen H�he verstiegen, die man Energie nennt, und wenn sie eines Morgens aus den Zeitungen von einem gro�en Feuer brand erfahren h�tte, der an der Wien oder in der Praterstra�e gew�thet, so h�tte sie erstaunt gerufen: seht ihr, ich habe es immer prophezeit, und ware mit der heimlichen Sehnsucht nach baulichen Ad aptierungen Wieder eingeschlafen. Neulich erfuhr sie, dass zwei der �ltesten wienertheazergeb�ude ihre Besitzer wechseln sollen. Herrn v. Jauner, den Branddirector, hatte sie im Carltheater, Frl. V. Sch�nerer im Theater an der Wien wirtschaften und abwirtschaften lassen. ?iet�tvoll hatte sie jenem, dessen Brandroutine ihrem "arenurtheil zweifellos �berlegen war, nachsichtig hatte sie 'der Directrice, 'die wohl hohe Protection besa�, nicht ins Handwerk pfuschen wollen. Und in der That: - k�nstlerisch und finanziell waren die beiden Theater zusammengekracht, die morschen Geb�ude standen. Nun ward ein Wechsel der Besitzer angek�ndigt; es w�re' die Zeit gewesen, artig und in Ruhe bauliche Ad aptierungen zu verlangen. Statt dessen lie� unsere vortreffliche Commission die neuen M�nner alle Vorbereitungen f�r die neue feuergef�hrliche Aera treffen, alle Engagements abschlie�en und das Pu blicum mit verhei�ungsvollen Zeitungsnotizen ver locken. Als aber die neuen Schauspieler sich den neuen Directoren, diese such den neuen Eigenth�mern verpflichtet und alle Br�cken fur ein k�nstlerisches und materielles Fortkommen hinter sich abgebrochen hatten, begann sich die Theaterlandescommission mit einem Male zu r�keln, rieb sich den Schlaf von Jahr zehnten aus den Augen und schrie den 'vor Schreck erstarrten Theaterleuten die Frage entgegen, warum man sie nicht fr�her geweckt habe. Der Wunsch, alles Vers�umte nachzuholen, gab ihr die lange vermisste Energie wieder, und mit Stentorstimme sprach sie das Verlangen nach baulichen Adaptierungen aus.

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