Walther von der Vogelweide (1170 - 1230) ist einer der bedeutendsten Dichter, Lyriker und Sänger des beginnenden Hochmittelalters. Er verfasste seine Werke in mittelhochdeutscher Sprache; einiges davon finden Sie auf den nachfolgenden Seiten; natürlich auch in der heute verwendeten Dialektik. Würde er heute noch leben, so könnte er seinen 850 Geburtstag feiern und neuhochdeutsche Lyrik verfassen. Zu Walthers Generation gehören etwa Wolfram von Eschenbach mit seinem Versepos "Parzival" (1170 - 1220), der Tannhäuser mit extrem frechen Spottliedern, der Kürenberger als Repräsentant des Wiener Minnesangs und andere "Stars" dieser Zeit. Zu seiner Lebenszeit wirken unter anderem Zeitgenossen wie etwa Dschingis Khan, der Schlächter (1162 -1227), Albertus Magnus, der Kirchenlehrer (1200 - 1280) und Eleonore von Aquitanien, eine der einflussreichsten Frauen der Zeit und Königin von England (1122-1204). Trotz seiner Berühmtheit findet sich Walthers Name fast nie in zeitgenössischen Aufzeichnungen außerhalb der Nennungen bei einigen Dichterkollegen. Man kann nur vermuten, dass die Chronisten damals dem Minnesang wenig Aufmerksamkeit widmeten, weil die rein künstlerische Betätigung fast keine gesellschaftliche Bedeutung hatte. Bedeutung hatten streitbare Rabauken; die Ritter, deren höchstes Vergnügen es war, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen oder auf Kreuzzügen alle erreichbaren Menschen - egal welchen Glaubens - zu schlachten. Die meisten Menschen konnten auch nicht lesen oder schreiben. Sie vermissten diese Künste aber gar nicht. Der Kampf ums tägliche Überleben hatte für die einfachen Leute absolute Priorität. Ausgenommen davon war der Adel, die Burgherren, die Ritter und die Kirche. Hier fanden die Minnesänger ihren Platz und ihre Bühne. Der im Buch beschriebene "Sängerkrieg" auf der Wartburg - er hat übrigens nie stattgefundenen - mag als Beispiel dafür dienen. Die Sänger waren vazierende Künstler, die meist ebenso in Armut lebten, über keine ständigen Bleibe verfügten und froh über jedes Engagement waren. Zumindest ein Nachtlager samt Verköstigung waren ihnen immer garantiert. Hin und wieder auch ein wenig mehr. Zugleich waren sie auch die Überbringer von Neuigkeiten, Klatsch und Tratsch. Daran war man damals ebenso interessiert, so wie viele von uns heute. Die "Regenbogenpresse" ihrer Zeit waren sie halt. Den Großteil seiner 60 Jahre verlebte Walther auch so. Erst im 50sten Lebensjahr schaffte er es zu einem eigenen Häuschen in der Nähe von Würzburg. Heute würde man ihn einen Pazifisten nennen. Walther war kein Kämpfer. Mit dem Schwert oder der Lanze konnte er nicht umgehen. Jedem Händel ging er daher geflissentlich aus dem Weg. Walther war ein Kämpfer des Wortes.; ein Satiriker, Zyniker, Kritiker (vor allem am Papsttum), Lobbyist und Arschkriecher. Zugleich aber auch einer, der für zärtlich-erotische Momente, feinfühlige Gedichte verfassen konnte. Nur Walther ist es zu verdanken, dass aus dem bisherigen nur gottlobenden Minnesang eine Kunstform wurde, die auch die menschliche Zuneigung würdigte; der rein körperlichen Liebe zwischen Mann und Frau. Mit Fug und Recht darf er daher als Erfinder und Begründer des Liebesliedes genannt werden. Eine Kunstform, der wir auch noch heute huldigen. Von Walther sind 500 Strophen überliefert; Walthers Werküberlieferung ist damit eine der umfangreichsten des deutschen Mittelalters. Sie finden sich in der so genannten "Großen Heidelberger Liederhandschrift", einer Prachthandschrift, die um 1300 verfertigt wurde. Offiziell hat er keine Nachkommen hinterlassen. Anzunehmen ist aber, dass er während seiner "Tourneen" eine Reihe illegitimer Nachkommen produzierte. Vermutlich wusste er das aber gar nicht. Schon damals waren die Sitten nicht so streng, wie es die Kirche gerne gehabt hätte. Aus den spärlichen Unterlagen über das Leben Walthers ahbe ich versucht - zusammen mit viel dichterischer Freiheit einen Roman zu sch