About the Book
Die Dissertation setzt sich zuerst mit der Frage auseinander, ob der "Einstiegsarrest" als atypische Form des Jugendarrests de lege lata zulassig ist. Anschliessend wird erortert, ob die gesetzliche Verankerung dieser Sanktionsform rechtmassig und zweckmassig ist. Nach der Einleitung (S. 11 - 14) wird in Teil 1 (S. 15 - 54) die Bedeutung des Begriffs "Einstiegsarrest" geklart. Dabei werden die Begriffe "Einstiegsarrest im engeren Sinne," der ausschliesslich die Kombination von Jugendarrest mit der Aussetzung der Verhangung der Jugendstrafe nach 27 JGG erfasst, und "Einstiegsarrest im weiteren Sinne," der zusatzlich die Verbindung des Arrests mit der Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe nach 21 JGG oder mit der "Vorbewahrung" ( 57 I 1 Var. 2 JGG) umfasst, eingefuhrt (S. 15 - 17). Anschliessend befasst sich die Dissertation mit der Geschichte und den Grundlagen des Jugendarrests (S. 17 - 22), bevor die verschiedenen Formen des Jugendarrests dargestellt werden (S. 23 - 32). Als Bestandteil des Einstiegsarrests im engeren Sinne wird dann der Schuldspruch nach 27 JGG angesprochen (S. 32 - 41). Im Anschluss daran werden 21 JGG (S. 42 - 48) und das Institut der "Vorbewahrung" (S. 49 - 51) behandelt, da sie Bestandteile eines Einstiegsarrests im weiteren Sinne sein konnen. Zur Abrundung von Teil 1 und zur Veranschaulichung des Verhaltnisses, in dem die einzelnen Komponenten, aus denen sich der Einstiegsarrest zusammensetzt, zueinander stehen, wurde ein Stufenmodell der Sanktionen im Jugendstrafrecht entwickelt (S. 52 - 54). In Teil 2 (S. 55 - 84) wird geklart, ob die Verhangung eines Einstiegsarrests de lege lata zulassig ist. Das geltende Recht lasst eine Koppelung des Jugendarrests mit 21 JGG ebenso wenig zu wie eine Verbindung mit der "Vorbewahrung," da beide Kombinationsformen gegen 8 II 1 JGG und gegen 13 I JGG verstossen (S. 55 - 57). Der Schwerpunkt der Ausfuhrungen in Teil 2 liegt auf der umstrittenen Frage, ob de lege lata Arrest mit dem Schuldspruch nach 27 JGG kombiniert werden darf. Zunachst wird herausgearbeitet, dass die Anordnung eines solchen Einstiegsarrests im engeren Sinne nicht gegen den Wortlaut des 8 II 1 JGG verstosst (S. 58 - 61). Auch ein Verstoss gegen 13 I JGG wird nicht festgestellt (S. 62 - 69). Anschliessend wird gezeigt, dass der Grundsatz der Einspurigkeit freiheitsentziehender Sanktionen, der moglicherweise aus 8 II 1 JGG oder 13 I JGG abgeleitet werden kann, nicht verletzt wird (S. 70 - 71). Allerdings verletzt die Verhangung eines Einstiegsarrests im engeren Sinne den Tater in seinen Justizgrundrechten aus Art. 103 II, III GG (S. 72 - 76). Ausserdem wird ein Verstoss gegen die Ausgestaltung des 27 JGG als "ambulantes Reaktionsprogramm" festgestellt (S. 77 - 78). Ferner wird gezeigt, dass die 27 - 30 JGG eine abschliessende Sonderregelung enthalten, in der ein Einstiegsarrest nicht vorgesehen ist (S. 79). Daruber hinaus steht der Wille des Gesetzgebers, der sich ausdrucklich gegen die Normierung des Einstiegsarrests ausgesprochen hat, der Anordnung dieser Arrestform entgegen, weil die Judikative an diesen Willen gemass Art. 20 III GG gebunden ist (S. 80 - 82). Nachdem in Teil 2 geklart wurde, dass jegliche Form des Einstiegsarrests de lege lata unzulassig ist, wird in Teil 3 (S. 85 - 193) erortert, ob dessen gesetzliche Verankerung moglich und sinnvoll ist. Zuerst wird die Rechtmassigkeit einer entsprechenden Gesetzesanderung untersucht (S. 85 - 98). Dabei wird der Gesetzesentwurf des Bundesrats vom 20.06.2003, mit dem unter anderem die Verhangung eines Einstiegsarrests im weiteren Sinne ermoglicht werden soll, vorgestellt (S. 85 - 88) und herausgearbeitet, dass die geplanten Anderungen rechtmassig sind (S. 89 - 98). Da die Thematik Einstiegsarrest derzeit stark in der offentlichen Diskussion steht, beginnen die Ausfuhrungen uber die Zweckmassigkeit einer gesetzlichen Verankerung dieser Sanktionsform mit einem Uberblick uber den aktuellen Meinungsstand (S. 99 - 106). Anschliessend werden Notwendigkeit und Sinn einer Gesetzesanderung erortert. Zunachst wird vor allem anhand von Diagrammen zur Polizeilichen Kriminalstatistik aufgezeigt, dass im Zeitraum von 1993 bis 2002 die Gesamtkriminalitat junger Menschen im Alter von unter 21 Jahren deutlich und die Gewaltkriminalitat in dieser Altersgruppe uberproportional zugenommen haben und deshalb unter Umstanden Handlungsbedarf fur den Gesetzgeber besteht (S. 107 - 124). Dann wird herausgearbeitet, dass die Ergebnisse der Sanktionsforschung nicht geeignet sind, um die fehlende Effizienz des Jugendarrests im Allgemeinen und des Einstiegsarrests im Besonderen zu belegen (S. 125 - 134). Die Befassung mit moglichen negativen Auswirkungen des Arrestvollzugs ergibt, dass eine Stigmatisierungswirkung im sozialen Umfeld allenfalls in beschranktem Umfang eintritt (S. 135 - 140) und dass sich die Gefahr einer kriminellen Infektion durch die Schaffung gesonderter Vollzugseinrichtungen, in denen ausschliesslich Einstiegsarrestanten untergebracht werden, minimieren lasst (S. 138 - 140). Ferner wird der Einwand entkraftet, es gebe einen unlosbaren Widerspruch zwischen "Bewahrung" auf der einen und "Freiheitsentzug" auf der anderen Seite (S. 141 - 144). Im Anschluss hieran wird gezeigt, dass bei Einfuhrung des Einstiegsarrests ein Anstieg der Falle, in denen Jugendstrafe zur Bewahrung ausgesetzt wird, zu erwarten ist, wahrend eine "Inflation" der verhangten Jugendarreste kaum zu befurchten steht (S. 145 - 147). Daruber hinaus wird deutlich gemacht, dass die Normierung des Einstiegsarrests das rechtswidrige Vorschalten von Untersuchungshaft aus erzieherischen Grunden nur zuruckdrangen kann, wenn die zeitnahe Vollstreckung des Arrests zu Beginn der Bewahrungszeit sichergestellt wird. Zu diesem Zweck wird der Vorschlag gemacht, 87 IV JGG um einen neuen Satz 3 zu erganzen (S. 148 - 152). Anschliessend wird diskutiert, ob der Einstiegsarrest deshalb eingefuhrt werden sollte, weil sich der jugendliche Tater, dessen Strafe zur Bewahrung ausgesetzt wird, ansonsten de facto "freigesprochen" fuhlt (S. 153 - 155). Ausserdem wird herausgearbeitet, dass sich durch die Normierung eines erzieherisch ausgestalteten Einstiegsarrests eine de lege lata bestehende Gerechtigkeitslucke bei der Ahndung von Gemeinschaftstaten Jugendlicher schliessen lasst (S. 156 - 158). Nun wird gezeigt, dass ein zeitnah vollstreckter und padagogisch gestalteter Einstiegsarrest dabei helfen kann, den Einstieg in die Bewahrungszeit zu erleichtern, da dessen Vollstreckung den Jugendlichen schnell von unguter Umgebung trennt, ihm Zeit zum Nachdenken gibt und einen ersten intensiven Kontakt zwischen dem Probanden und seinem Bewahrungshelfer ermoglicht (S. 159 - 166). Zur Abrundung von Teil 3 werden im Rahmen eines internationalen Vergleichs ahnliche Sanktionen in Schweden ("probation with institutionalization"), in Osterreich (teilbedingte Strafnachsicht), in der Schweiz (Kombination von Unterbringung und Freiheitsentzug), in den Niederlanden (Erziehungslager) und in den USA ("boot camps") untersucht (S. 167 - 187). Dabei wird deutlich, dass sich mit kurzfristigem Freiheitsentzug erzieherische Erfolge erzielen lassen, wenn von Anfang an eine intensive Betreuung des Jugendlichen durch qualifizierte Fachkrafte gewahrleistet wird. Die Dissertation kommt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Verankerung eines Einstiegsarrests im weiteren Sinne zu unterstutzen ist, wenn dessen erzieherische Ausgestaltung und dessen zeitnahe Vollstreckung in gesonderten Vollzugseinrichtungen sichergestellt werden. Nur dann ist der Einstiegsarrest eine zeitgemasse Sanktion. Der aktuelle Gesetzesentwurf des Bundesrats vom 20.06.2003 bedarf hierzu wichtiger Erganzungen und Anderungen (S. 188 - 194).