Jacopo BianchiItalienischer Deutscher oder deutscher Italiener? Die Frage, was ich bin, ist für mich selbst oft gar nicht so leicht zu beantworten. Meine Familie stammt aus Italien, aber ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Sobald ich meinen Namen nenn, werde ich mit einer Reihe von Klischees konfrontiert. Denn nichts wirkt auf die Menschen in Deutschland attraktiver als unsere italienische Lebensart Dolce vita und natürlich unsere Küche. Damit meine ich nicht Pizza und Pasta für wenig Zaster, was es hier an jeder zweiten Straßenecke zu kaufen gibt. Essen ist für Italiener ein Teil der Kultur, wir zelebrieren es selbst unter der Woche in der Familie wie ein Fest und würden nie einfach einen Berg Pasta in uns hineinschaufeln, um satt zu werden. Bei meiner Mutter war jeder Tag in der Küche ein Festtag. Ich erinnere mich an unsere opulenten Abendessen mit Vorspeisen, dann kam ein Nudel- oder Reisgericht, anschließend der Fleisch- oder Fischgang und zum Abschluss Dessert und Espresso. Leider konnte ich diese Küche nicht lange genießen, denn meine Mutter starb, als ich 12 Jahre alt war. Mein Vater war nun alleine mit mir und meinem heranwachsenden Bruder. Obwohl es niemand so beabsichtigt hatte, drifteten wir von einer harmonischen Familie voller Geborgenheit ab in eine Lebensform, in der jeder machte, was ihm in den Sinn kam. Während mein Bruder sich einer Gang anschloss, fand ich den Trost im Essen. Kurzum, ich stopfte alles in mich hinein, was ich finden konnte. Trotz meines in der Kindheit geschulten Gaumens war ich nicht wählerisch. Zu Spitzenzeiten konnte ich drei Döner Kebab oder zwei große Pizzen verdrücken. Dazu trank ich literweise Cola. Wir waren wirklich gewillt, abzuspecken. Erst klassisch mit FDH, dann begannen wir, Punkte zu zählen, shakten zwischendurch und kochten uns Schlankheitssuppen. Es bewegte sich nicht wirklich etwas auf der Waage, was vor allem daran lag, dass wir als ausgemachte Genießer sind. Um unseren Frust abzubauen, buchten wir kurzerhand einen Urlaub in einem Landhaus in der Toskana. Zwar würde uns die italienische Küche unserem Ziel garantiert nicht näher bringen, doch hätten wir danach den Kopf wieder frei. Es sollte anders kommen, als wir dachten. Denn zeitgleich fand in der Ferienanlage ein Kurs über die schlanke mediterrane Küche statt. Das war wie ein Zeichen für uns und es gelang uns tatsächlich, vor Ort in den Kurs einzusteigen. Hier war sie, die für uns passende Ernährungsform. Endlich kamen Genuss und Diät zusammen und wir mussten weder auf unseren Rotwein noch auf unseren geliebten Käse verzichten und hatten uns auch nicht einem Kohlenhydratverbot zu unterwerfen. Dafür durften wir reichlich gesunden Fetten zusprechen, vor allem dem köstlichen Olivenöl. Zu Hause behielten wir diese Ernährungsform bei. Nach einem Jahr hatte ich 40 kg verloren und meine Frau 35 kg, die damit ihr Normalgewicht erreicht hatte. Es kam sogar noch besser: Kurz danach war unser Wunschkind unterwegs und unser Hausarzt bescheinigte mir normale Blutwerte und einen meinem Alter entsprechenden Blutdruck. Den achtsamen Genuss in jeden Moment des Lebens einfließen zu lassen, war uns in Fleisch und Blut übergegangen. Ich entschied mich, inzwischen ebenfalls normalgewichtig, bei dem Seminarleiter in der Toskana eine Ausbildung zum Ernährungsberater zu absolvieren. Danach machte ich einen sanften Übergang von meinem Informatikerdasein in die eigene Praxis, um meinen Klienten die gesunde und schlanke Mittelmeerküche nahezubringen. Daneben bin ich heute als Referent und Seminarleiter in Kurkliniken und Seminarhäusern im In- und Ausland tätig. Außerdem bereise ich mit meiner Familie leidenschaftlich gerne den Mittelmeerraum, um die ganze Bandbreite der mediterranen Küche in die von mir ausgearbeiteten Ernährungspläne und Rezepte zu integrieren. Read More Read Less